Ethik ist total langweilig und abstrakt. Man muss Ethik studiert haben, um auf diesem Gebiet überhaupt mitreden zu können.
So denken viele. Sie auch?
Dabei ist das Gegenteil der Fall! Denn Ethik ist keine Theorie, sondern eine grundlegend menschenfreundliche, respektvolle und achtsame Haltung, die sich in unserem täglichen Reden und Handeln in Ausbildung und Praxis ausdrückt.
Ethik berührt eine Seite unseres homöopathischen Berufes, die uns oft nicht bewusst, aber Grundlage allen therapeutischen Handelns ist: Es geht dabei um Diskretion und Vertrauen zwischen Patient*in und Therapeut*in, um Respekt und um Begegnung auf Augenhöhe. Wir wollen ja, in Anlehnung an den Hippokratischen Eid, unseren Patient*innen zuallererst nicht schaden. Und ein Schaden ist mit Vertrauensbrüchen, Respektlosigkeiten und dem Schaffen von Abhängigkeiten schnell angerichtet!
Nun kann man aber Ethik nicht einfach "verordnen". Wir wollen nicht, dass Sie als Lernende und Praktizierende einen Satz von ethischen "Benimmregeln" auswendig lernen und diesen dann hirn- und herzlos befolgen. Uns geht es um eine gelebte Kultur der Ethik; um Ethik als Ausdruck einer zutiefst menschenfreundlichen inneren Haltung, aus der heraus man in der konkreten Situation ethisch sensibel agiert.
Insofern scheint es zunächst etwas widersinnig, wenn wir als SHZ hier eine Ethik-Richtlinie für Lernende veröffentlichen. Denn eine Richtlinie kann keine Haltung vermitteln. Sie kann lediglich sensibilisieren, mit Worten zum Nachdenken anregen und konkrete Beispiele ethischen Verhaltens anführen. Aber immerhin, das kann sie! Und so hoffen wir, dass wir Sie mit den Worten unserer kleinen Ethik-Richtlinie für Lernende dazu anregen, schon im Homöopathie-Unterricht Ihre Achtsamkeit für die Grundlagen von Vertrauen und Respekt zu erhöhen.
In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn Ihr Ausbildungsinstitut Sie darum bittet, diese Ethik-Richtlinie für Lernende mit Ihrer Unterschrift zu bekräftigen: Dass Sie sich auf diesen Prozess der Sensibilisierung einlassen und versuchen herauszufinden, was Vertrauen und Respekt in den vielen verschiedenen Situationen und Begegnungen des Unterrichts – mit Ihren Kolleg*innen und Dozent*innen und mit Video- und Live-Patient*innen – konkret bedeuten.
Ihr Ausbildungsinstitut selbst orientiert sich ebenfalls an von uns formulierten Richtlinien, nämlich an den Ethik-Richtlinien für Ausbildungsinstitute.
Wir möchten Sie auch auf unsere Ethik-Richtlinien für Therapeut*innen verweisen, in denen wir wichtige Grundlagen unsere Berufsethos und des Patientenschutzes ansprechen.
Wenn Sie gleich jetzt damit beginnen wollen, Ethik als wirklich wichtiges Thema für die Praxis zu entdecken, empfehlen wir Ihnen den folgenden exzellenten Artikel unseres Kollegen Carl Classen zur Lektüre:
Carl Classen: "Heilkunst und Ethik – subjektiv, aber richtig!", erschienen in Homöopathie KONKRET 03/2019